Früher Start

Im Hafen von Calais

Lange bevor es hell wird, ist für uns die Nacht zu Ende. Es ist der sechste Mai, um halb drei klingelt der Wecker, um vier sitzen wir im Auto und die Fahrt beginnt. Dieses Jahr reisen wir mit dem Camper – das Motorrad bleibt in der Garage. Wieder geht’s nach Schottland, wir wollen hoch hinauf in den Norden auf die Orkney Inseln.
Die Fähre Calais–Dover ist gebucht, wir sollen rechtzeitig da sein wegen zusätzlicher Kontrollen infolge des Brexits, schrieb die Fährgesellschaft.
Früh starten lohnt sich, schnell kommen wir durch alle Baustellen nach Karlsruhe und weiter in den Pfälzerwald. Es dämmert. Wir machen Kaffeepause in Annweiler. In Pirmasens wird es hell, dann kommt Saarbrücken und wir sind in Frankreich. Metz, Reims, St. Quentin, Arras, Calais. Die Fahrt auf der französischen Autobahn ist entspannt und wir erreichen frühzeitig den Hafen.
Die Wartezeit überbrücken wir mit Einkaufen im Duty-Free-Shop. Ich bin stark erkältet, eigentlich reif fürs Bett. Der Corona-Test zum Glück negativ. Nach ein paar Tagen in Great Britain ist kaum mehr etwas davon zu merken.
Die Fähre spuckt unzählige LKWs aus, bevor sie uns und die Mitreisenden aufnehmen kann. Die Fahrt über den Kanal ist ruhig und die Kreidefelsen von Dover empfangen uns festlich leuchtend in der Sonne.
Ein Hochgefühl stellt sich ein. Wir haben es geschafft, wir sind nach zwei vergeblichen Anläufen wieder in Großbritannien und auf einer längeren Reise.
Wenn man den Hafen in Dover verlässt, gelangt man zu zwei mehrspurigen Roundabouts, wie die Kreisverkehre hier heißen. Jetzt heißt es, links fahren; drive left, look right. Wir sind auf einer schmalen Straße entlang der Küste.

Erste Nacht in UK mit Blick auf den Ärmelkanal

Der Campingplatz von Kingsdown ist eine Wiese auf einem Hügel über dem Meer nahe bei Dover. Wir stehen abschüssig, doch dank der Auffahrkeile rollen wir in der Nacht nur wenig zur Seite. Der Blick aufs Meer ist schön und die Briten schlendern in kurzen Hosen und Shirts über den Platz, während wir warme Jacken brauchen. Die Kinder ein tobendes Knäuel auf der Wiese, neben uns ein Vater mit dreien davon.
Wir haben einen weiten Weg vor uns, deshalb heißt es zwei Tage lang Autobahn fahren. Am Abend des ersten kommen wir nach North Yorkshire, wo wir den Van bei einem Pub abstellen können.
Das Konzept BritStops beinhaltet kostenfreie Übernachtungsplätze, wenn man die örtlichen Angebote nutzt, also zum Beispiel im Lokal isst. Das machen wir gerne. Die britischen Pubs sind heimeliger Wohnzimmerersatz, das Pub-Food schmeckt uns gut und die Pints auch.
Also schlafen wir die zweite Nacht in England zwischen Schafweiden in Yorkshire. Frühstück gibt’s im Pub leider nicht, aber in einem »Diner« in der Nähe konsumieren wir das erste englische Frühstück (Full english breakfast). Weiter geht’s auf der A66 nach Schottland.
Gretna Green ist der Grenzort, wenn man von Carlisle gen Norden fährt. Da traute der Blacksmith die Paare, die durchgebrannt waren, weil ihre Heirat aus welchen Standesgründen auch immer nicht möglich war. Heiraten kann man heute noch in der ehemaligen Schmiede und viele schottische Souvenirs kaufen.
Wir fahren immer weiter nach Norden. Kurzer Halt am weißen Blair Castle – direkt neben dem Schloss liegt ein großer Campingplatz – und in Carrbridge bei den Cairngorms, wo wir vor ein paar Jahren ein schönes Haus gemietet hatten.

Wo stehen wir?
Kingsdown Camping
Rokeby Inn, Richmond, North Yorkshire